ProLarva

Kurzfassung des Forschungsthemas
Zu Beginn jeder professionellen marinen Aquakulturaktivität zur Produktion von Speisefischen ist die Frage zu stellen, ob die Versorgung mit Setzlingen dauerhaft sichergestellt werden kann. Diese Frage ist berechtigt, da die zuverlässige und kostengünstige Produktion von genügend Setzlingen immer noch einer der wesentlichen „Bottlenecks“ in der marinen Aquakultur ist. Mit durchschnittlichen Überlebensraten in der kommerziellen Setzlingsproduktion von nur etwa 30 % bei marinen Arten (von der Larve bis zum Setzling) ist in den letzten Jahren auch für die in der marinen Aquakultur inzwischen etablierten Arten kein wirklicher Fortschritt erzielt worden.
Der dauerhafte Erfolg der marinen Aquakultur hängt jedoch weitgehend von einer gesicherten Setzlingsproduktion und auch von der Senkung der Produktionskosten und ab. Bei der Aufzucht von marinen Fischlarven entstehen 50-80% der Kosten bei der Produktion der Lebendfutterresourcen. Dabei ist die gesicherte Bereitstellung und Qualität des benötigten Larvenfutters eines der wichtigsten Faktoren, um das Überleben der frühen Lebensstadien zu gewährleisten. Es ist aber auch von großem wirtschaftlichem Interesse, die Phase zu verkürzen in der Lebendfutter verfüttert werden muss, bzw. komplett auf MD umstellen zu können.
Zur Zeit ist es noch gängige Praxis marine Fischlarven mit Rotatorien und/oder Artemia-Nauplien aufzuziehen, obwohl diese Lebendfuttermittel zum einen sehr kostenintensiv in der Produktion sind und zum anderen, trotz Anreicherungsroutinen mit z.B. Fettsäuren, noch immer defizitär sind und mit dieser Praxis kaum höhere Überlebensraten als die oben genannten 30% zu erreichen sind. Obgleich Copepodennauplien deutlich höhere Überlebensraten und besseres Wachstum ermöglichen, wird die massenhafte Produktion derzeit vor allem aus Kostengründen kaum als Alternative erwogen.
Ein wichtiger Aspekt der bisher im Zusammenhang mit der Setzlingsproduktion wenig Beachtung gefunden hat ist die Tatsache, dass aus natürlicher Produktion pro Jahr durchschnittlich nur etwa 3000t Artemia-Cysten weltweit geerntet werden können (basierend auf den Ertragsergebnissen von Artemia-Cysten in den letzten 25 Jahren). Diese Menge wird zurzeit bereits fast vollständig von der Aquakulturindustrie verbraucht. Andererseits wird eine Verdoppelung der Produktion der marinen Aquakultur in den nächsten 15 – 20 Jahren erwartet (FAO, Weltbank). Es ist offensichtlich, dass die dann erforderliche Menge an Setzlingen nur realisiert werden kann, wenn mehr Fischlarven mit weniger Artemieneinsatz aufgezogen werden können.
Es ist daher folgerichtig, ein Trockenfutter für marine Fischlarven entwickeln zu wollen, welches geeignet ist, das Lebendfutter von der Anfütterung nach dem Schlupf bis zur Metamorphose ("Weaning") weitgehend zu ersetzen, bei gleichzeitig verbessertem Wachstum, erhöhter Überlebensrate und geringeren Kosten. Die bisher angebotenen mikropartikulären Trockenfuttermittel (engl. "Micro-Diets", MD) eignen sich jedoch noch nicht als Erstfutter, bzw. erreichen nicht das Wachstum und die Überlebensraten der konventionellen Lebendfuttermittel. Offensichtlich treten noch erhebliche ernährungsphysiologische Defizite bei der alleinigen Fütterung mit MD auf. Dies trifft prinzipiell auf alle derzeit am Markt erhältlichen Produkte zu.
Viele bisherige Forschungsansätze zu diesem Thema haben sich eher mit der Futterqualität selber, aber weniger mit den spezifischen verdauungsphysiologischen Eigenschaften und Defiziten der sich entwickelnden Fischlarven beschäftigt. Die Probleme bei der Fütterung von jüngsten Larvenstadien mariner Fischarten mit MD liegen aber eher im fehlenden Wissen um die larvale Verdauungsphysiologie im Besonderen im Hinblick auf die Aufnahme und Verdaulichkeit von künstlichen Futtermitteln. Fischlarven weisen in den frühen Jugendstadien einen sehr einfach organisierten Verdauungstrakt auf und verfügen lediglich über alkalische Verdauungsenzyme, ein funktioneller Magen wird erst kurz vor der Metamorphose angelegt, was bei der Rezeptur von MD als Erstfutter berücksichtigt werden muss. Es gibt zudem Hinweise, dass Geruchs- und Geschmacksstoffe aus dem Lebendfutter über Hormone die Verdauungsenzymsezernierung anregen. Diese „Triggersubstanzen“ haben bei der Formulierung der kommerziell verfügbaren MD bisher kaum Berücksichtigung gefunden.
Prinzipielle Ziele in diesem Projekt sind daher:
- Identifizierung von Substanzen zur Behebung des Defizits bei der Trypsinproduktion zu Beginn der Futteraufnahme bei marinen Fischlarven.
- Identifizierung von nativen und/oder synthetischen Substanzen die geeignet sind als Zusatz zu Trockenfuttermitteln Verdauungsenzymsynthese und Sezernierung im Larvenstadium zu manipulieren.
- Dotierung eines bereits kommerziell hergestellten MD mit den unter 1 und 2 identifizierten Substanzen und verschiedene Testläufe mit neuen MD-Rezepturen (Aufzuchtversuche).
- Experimente zur Optimierung der Futteraufnahme, der Fütterungsmengen und Fütterungszeiten (Aufzuchtversuche) unter Berücksichtigung der Verdauungsenzymkapazität im Tagesverlauf (Biorhythmus).
- Abschliessendes Ziel ist das Erreichen der Produktionsreife der aufgewerteten MD.
Mitarbeiter
Dr, Bernd Ueberschär, Projektleitung, GMA
Msc Sinem Zeytin, PhD, GMA
Technische und wissenschaftliche Unterstützung, Mitarbeiter GMA
Laufzeit
Februar 2013 - Mai 2016
Gefördert durch Mittel der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)
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